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La Habana. Skyline mit Kapitol. |
Am Flughafen wartet Bismarck
Wohl dem, der den Transfer in die Stadt vorab gebucht hat – wie glücklicherweise auch wir. Uns geleitet ein rettender Engel in Gestalt eines älteren, glatzköpfigen Mannes hinaus aus dem Getümmel zu einem klapprigen Skoda. Als er hört, dass wir aus Deutschland kommen, lässt er uns freudestrahlend seinen Namen wissen: »Mi nombre Bismark!« Im revolutionären Kuba ist so mancher Lenin oder gar Stalin getauft worden, und zu unserem Fahrer würde rein äußerlich Chruschtschow ganz gut passen, aber Bismarck? Das klingt ja geradezu konterrevolutionär.Wie dem auch sei, Bismarck bringt uns ohne weitere Umstände über leere nächtliche Straßen zu unserem Hotel Tejadillo, das inmitten der Altstadt Habana Vieja liegt. An der unzufriedenen Miene Bismarcks lese ich ab, dass mein Trinkgeld angesichts seines berühmten Namens nicht üppig genug ausgefallen ist, aber daran kann ich auch nichts ändern, denn wir haben noch kein Geld umgetauscht
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Die Bar im Erdgeschoss des Ambos Mundos ist sehr beliebt. |
Aussichten wie bei Hemingway
Wir hatten im heimischen Reisebüro nicht nur Flug und Transfer, sondern auch die ersten zwei Nächte in einem einfachen Hotel gebucht, dem Tejadillo. Doch als wir spät abends eintreffen, ist unser Zimmer belegt, wir müssen für eine Nacht in das Hotel Ambos Mundos ausweichen. Das erwies sich als Glücksfall. Das Ambos Mundos (Beide Welten) liegt sehr günstig mitten in der Altstadt, wo sich Calle Obispo (Bischofsstraße) und Calle Mercaderes (Straße der Kaufleute) kreuzen. Obispo und Mercaderes sind enge, autofreie Gassen, die zu den geschichtsträchtigen Plätzen Plaza de Armas, Plaza de la Catedral und Plaza Vieja mit ihren historischen Gebäuden führen. Das gesamte Viertel ist gut restauriert und sehr belebt. Auf beiden Straßen flanieren sowohl Touristen als auch Einheimische zwischen Geschäften, Bars, Restaurants und Sehenswürdigkeiten.![]() |
Blick von der Dachterasse des Ambos Mundos auf den Sitz der spanischen Gouverneure an der Plaza de Armas. |
Unsere erste Nacht in Havanna verbringen wir also dank des geschilderten Buchungsfehlers äußerst stilvoll. Frühstück gibt es am nächsten Morgen auf der Dachterrasse. Zur Terrasse fährt ein ehrwürdiger Scherengitterfahrstuhl, der noch aus den Dreißiger Jahren stammt. Beim Frühstücken genießen wir wie Hemingway einen wunderbaren Blick über die ins Morgenlicht getauchte Altstadt und den Hafen
Spaziergang durch die Altstadt: Habana Vieja
Jeder Tourist, der Havanna besucht, landet früher oder später in der Calle Obispo. Die Obispo verläuft quer durch ganz Alt-Havanna. Sie beginnt an der Plaza de Armas (Waffenplatz), dem ältesten Kern in der Nähe der Hafeneinfahrt. Das andere Ende reicht nicht ganz bis zum Parque Central am Prado. Der Prado ist eine breite Prachtstraße, die vom Malecón kommt und die Viertel Vieja und Centro (Altstadt und Zentrum) trennt.![]() |
Vor dem Kapitol warten Taxis auf Kundschaft. |
Unmittelbar am Prado gegenüber dem Zentralpark fällt die neoklassizistische Fassade des Hotels Inglaterra ins Auge. Das älteste Hotel Kubas wurde 1875 erbaut. Dazu gehört ein Straßencafé auf einer Terasse entlang des Prado. Hier kann man zu zivilen Preisen einkehren und das Straßenleben beobachten. Sooft wir dort vorbeikamen, auf der Terasse des Inglaterra spielten immer interessante Bands.
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Die Bar Floridita am Beginn der Calle Obispo. Hier wurde angeblich der Daiquiri erfunden. |
Etwa in der Mitte der Obispo liegt auf der linken Seite die Bar Ruinas del Parque. Ruinas ist wörtlich zu nehmen, die Bar hat sich in einer Baulücke eingerichtet. Der Platz ist schön schattig und sehr gemütlich, man sitzt wie in einem Biergarten. Das Publikum ist ausgewogen, halb Kubaner, halb Touristen, die Cocktails sind besser als der Durchschnitt.
Weiter Richtung Plaza de Armas wird die Obispo beim Hotel Ambos Mundos von der Calle Mercaderes gekreuzt. Die Mercaderes reicht von der barocken Kathedrale San Cristobal (Plaza de la Catedral) bis zur Plaza Vieja. Auf dem Weg zur Plaza Vieja kommen wir am Museo de Chocolate vorbei. Offiziell hält man eisern am Begriff Museum fest, aber in Wahrheit handelt es sich um ein staatliches Café. Zwischen den Gästen stehen einige Vitrinen mit Utensilien zur Herstellung von Schokolade, im hinteren Bereich sind die Angestellten mit der Verarbeitung von Kakao beschäftigt. Und der Laden brummt! Es gibt alles, was man aus Kakao oder Schokolade machen kann, und zwar beste Qualität zu äußerst günstigen Preisen. Das »Museo« wird stark frequentiert, hier schlürfen viele Habaneros ihre Schokolade und sorgen für authentische Atmosphäre.
Nicht weit vom Museo de Chocolate mündet die Mercaderes in die Plaza Vieja. Den Platz säumen palastartige Kolonialhäuser. Die Mischung aus Barock und Jugendstil ergibt ein harmonisches Ganzes. Die Plaza Vieja diente als Marktplatz, auf dem auch Sklaven gehandelt wurden. In der Ecke, wo die Calle Muralla abzweigt, liegt eine kleine Brauerei, die Taberna de la Muralla. Während man sich in Kuba sonst mit Dosen meist der Marke Crystal oder Bucanero begnügen muss, wird hier frisch gezapftes Bier in Krügen ausgeschenkt. Es gibt drei Sorten, claro, oscuro, negro – hell, mittel, dunkel. Das Bier ist wirklich gut, ebenso zu empfehlen sind die Spezialitäten vom Grill. Ein guter Platz, um den Tag ausklingen zu lassen.
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Seitenstraße in Habana Vieja. |
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Das Edificio Bacardi war seinerzeit das höchste Gebäude der Stadt. |
Bacardi gekleidet in bayerischen Granit
Den besten Blick auf Havanna bietet der Glockenturm des elfstöckigen Edificio Bacardi. 1930 errichtet verkörpert der Bau Art-Déco in Reinkultur Der stufenförmige Komplex steht etwas zurückgesetzt vom Prado exakt an der Nahtstelle der Viertel Habana Centro und Vieja über Resten der ältesten Stadtbefestigung. Bis zur Revolution diente er der Firma Bacardi als Verwaltungszentrum. Das Gebäude beherbergt heute nach wie vor Büros.Wir wollen gerne auf den Turm, aber wie so oft in Kuba ist alles ein bisschen unklar. Es fehlt jeglicher Hinweis für Touristen, wir sind uns nicht einmal sicher, ob wir vor dem richtigen Gebäude stehen oder vor einem der vielen mondänen Hotels in diesem Bezirk. Den Eingang bewacht ein bulliger Schwarzer, trotz Hitze im schwarzen Anzug. Vielleicht doch ein Hotel? Als er uns so unschlüssig auf der anderen Straßenseite umherlungern sieht, winkt er und fordert uns auf, in die Eingangshalle treten. Die Halle ist über sieben Meter hoch, Wände, Boden, Decke, alles mit rötlichem Granit verkleidet. Laut EcuRed (kubanische Internet-Enzyklopädie) stammt der Granit aus Bayern wie überhaupt in dem Komplex Marmor und Granit aus ganz Europa verbaut wurde. Hinter einem Tresen thront ein Zwillingsbruder des Bodyguards. Nachdem er Trinkgeld kassiert hat, entlässt er uns mit einer gnädigen Handbewegung Richtung Fahrstuhl.
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Blick über die Dächer von Centro Habana. |
Mit HabanaBusTour zu den Playas del Este
In Havanna leben über 2 Millionen Menschen. Der Trubel kann auf die Dauer ganz schön anstrengend werden. Doch nichts ist leichter, als der Großstadt zu entkommen. Nach nur 18 Kilometern beginnen die Playas del Este, die östlichen Strände – feinster, weißer Sand auf etwa 10 Kilometer Länge bis zum Örtchen Guanabo.![]() |
Am Parque Central fahren Busse der HabanaBusTour zu den Playas del Este. Eine weitere Linie fährt Richtung Vedado und Miramar. |
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Genau so stellt man sich die Karibik vor. Playas del Este bei Santa Maria del Mar. |
Doch so einsam wie jetzt ist es hier nicht immer. Im Juli und August, zur Zeit der größten Hitze, bricht halb Havanna auf und erobert die Strände. Laut Lonely Planet beschränkt sich der Trubel aber auch in dieser Zeit auf bestimmte Stellen, nur wenige Schritte weiter wird es wieder ruhig.
Die Playas del Este gehören ganz ohne Frage zu den Höhepunkten unserer Reise. Stundenlang erkunden wir die abwechslungsreiche Landschaft. Natürlich gehen wir auch baden und lassen uns anschließend im Schatten von Palmen trocknen. Aber das schönste ist, dass wir die karibische Postkartenidylle ganz für uns alleine genießen können.
Stadtviertel voller Leben: Centro Habana
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Orisha Yemayá, die Göttin des Meeres und der Mutterschaft. Graffito in Centro Habana. |
Nach zwei Nächten in Altstadt-Hotels siedeln wir ins Centro um. Wir hatten schon von Deutschland aus ein Zimmer im Casa Particular von Carlos reserviert, das sich als sehr angenehme Unterkunft herausstellt. Unser Vermieter hat zahllose Tipps auf Lager, warnt vor den Tricks der Straßengauner, erklärt, wie wir mit den beiden Währungen Peso Cubano und Peso Convertible umgehen sollen. Und nicht zuletzt: Carlos weiß, wo abends etwas los ist. Am Tag unserer Ankunft schickt er uns abends gleich ins 250 Meter entfernte Hotel Lincoln. Auf der Dachterasse des neunstöckigen, etwas heruntergekommenen Gebäudes spielt das Septeto Nacional. Die 1927 gegründete Gruppe gehört zum Urgestein der kubanischen Musik und beschert uns einen unvergesslichen Abend.
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Calle Neptuno. Ein Collectivo nach dem anderen. |
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Tor zum Barrio Chino in der Calle Dragones. |
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Bei hohem Wellengang spritzt die Gischt über den Maleon bis zur anderen Straßenseite. |
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Abends belebt sich der Malecón. Die Fassaden leiden sehr unter dem Salzwasser. |
Was für eine zauberhafte Stadt ist doch Havanna! Ich war vor mehr als zwanzig Jahren dort, als die Altstadt nur teilweise restauriert und kaum etwas zu kaufen war...aber die Musik, die Menschen, die Energie, die man spürte, machten es wirklich zu einem Traumort
AntwortenLöschenGanz meine Meinung: Havanna ist ein Muss! Ich war drei Mal dort und es hat mir immer besser gefallen. Man kann jedem nur raten, mehrere Tage für diese wunderbare Stadt einzuplanen.
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