Matanzas – Stadt mit zwei Seelen

Kuba, Matanzas, Kinder spielen im Wasser des Rio St. Juan unter  unter der Brücke Puente Calixto Garcia im Schatten.
Flüsse und Brücken prägen das Stadtbild von Matanzas.
Kinder spielen unter der Puente Calixto Garcia im Rio St. Juan.
Zwischen den Publikumsmagneten Havanna und Varadero liegt das von Touristen wenig beachtete Matanzas. Die Stadt ist nur 20 Kilometer vom internationalen Fughafen bei Varadero entfernt und deshalb sehr leicht erreichbar. Das unspektakuläre Matanzas wird von grandiosen Landschaften umgeben. Im Osten Richtung Varadero erstreckt sich die Flusslandschaft des Rio Canimar. Das eindrucksvolle Naturschutzgebiet erinnert ein wenig an den Amazonas. Unmittelbar westlich der Stadt kommt man in das grüne Yumurital, eine für das ländliche Kuba ganz charakteristische Kulturlandschaft.

Kuba 2014

Weiß gekleideter Schwarzer spielt Posaune
Lazaro spielt am Hafen von Havanna
für die vorbeiflanierenden Touristen.
Meine Frau und ich sind begeisterte Salsatänzer und spielten schon lange mit dem Gedanken, mal Urlaub in Kuba zu machen. Im Club, auf Konzerten, beim Tanzen, immer wieder trafen wir Salsa-Fans, die nicht selten mehrmals dort waren und uns etwas vorschwärmten. Neid und Neugierde ließen uns keine Ruhe. Anfang 2014 buchten wir kurz entschlossen einen Flug nach Havanna. Für uns ein aufregendes Abenteuer: zum ersten Mal über den Atlantik, und dann gleich nach Kuba.

Mythos Kuba

Kuba strahlt eine eigenartige Faszination aus. Auf den ersten Blick verbirgt sich die Insel hinter einem exotischen Dickicht aus Klischees á la Buena Vista Social Club. Klischees, die von den Kubanern selbst sorgsam gepflegt werden, zumal im touristischen Sektor. Doch dahinter steckt ein äußerst vitales, eigenständiges kulturelles Leben. Wie überall in Lateinamerika haben europäisch-spanische, afrikanische, einheimisch-indianische und sogar chinesische Elemente eine brodelnde Mischung hervorgebracht.

Santiago de Cuba

Santiago de Cuba, städtischer Omnibus.
»Gestern rebellisch, heute gastfreundlich,
immer heldenhaft« – so lautet das offizielle
Motto der Stadt Santiago de Cuba. 
Santiago de Cuba, das ist die Essenz des »Oriente« – heiß, wild, und vital. Hier begannen fast alle Rebellionen, die Kuba je erschütterten. Rund um Santiago wurden die entscheidenden Schlachten der Freiheitskriege im 19. Jahrhundert geschlagen. Mit dem Angriff auf die Moncada-Kaserne mitten in der Stadt setzte Fidel Castro am 26. Juli 1953 ein erstes Fanal gegen den Diktator Batista. Vom Balkon des Rathauses in Santiago konnte der »Comandante en Jefe« schließlich am 2. Januar 1959 den Sieg der Revolution verkünden.
Wegen der besonderen Verdienste der »Santiagueros« um die Revolution verlieh Fidel Castro der Stadt den Ehrentitel »Heldenstadt der Republik Kuba«.

Natur pur: Ausflüge rund um Baracoa

Baracoa, Kuba, Landschaft mit sattgrüner, tropischer Vegetation, am Horizont der ambossförmite El Yunque, links der Rio Duaba
Paradiesische Landschaft rund um Baracoa. In der Ferne
lockt El Yunque, links blinkt der Rio Duaba auf
Baracoa liegt in einer paradiesischen Landschaft, die zu Ausflügen einlädt. Wir wollen die Gegend erkunden und verlassen Baracoa Richtung Südosten vorbei am Fort Matachin mit dem Stadtmuseum. Das letzte Gebäude ist ein heruntergekommenes Baseball-Stadion, ziemlich dicht am Strand. Wir machen einen großen Bogen um die herabgestürzten Betonteile. Doch im Inneren ist was los: Baracoas Jugend spielt unbekümmert ob der Gefahr Fußball im halb verfallenen Stadion.





Am Honigfluss


Kuba, Baraco, Sandstrand am Stadtrand, Boca Miel
Der Strand beginnt direkt am Stadtrand von Baracoa und
ist menschenleer. Im Hintergrund einzelne Häuser
der dorfartigen Siedlung von Boca Miel.
Unmittelbar am Stadtrand beginnt ein menschenleerer Strand, der kilometerweit bis zur Mündung des Rio Miel reicht. Die Wassermassen des Flusses stauen sich hinter dem wallartig aufgeworfenen Sand und bilden eine Art Lagune. Wahlweise können wir im Meer oder im Fluss baden, der allerdings nach den Wolkenbrüchen der vergangenen Tage ziemlich trüb ist. Miel heißt Honig, und die Einheimischen sagen, dass jeder, der im Honigfluss gebadet hat, wieder nach Baracoa zurückkehrt. Auch wenn wir Baracoa sicher gerne wieder besuchen möchten: Wir entscheiden uns lieber für das glasklare, türkisfarbene Meer.

Baracoa

Kuba, Baracoa, Rio Macaguanigua, wasserreicher Fluss, üppige Vegetation.
Saftiges Grün und wasserreiche Flüsse (hier der
Macaguanigua) prägen die Landschaft Baracoas.
In Baracoa, im äußersten Osten Kubas, betrat Kolumbus am 28. Oktober 1492 erstmals den Boden Amerikas. Hier schrieb er den oft zitierten Satz in sein Logbuch: »Diese Insel ist wohl die schönste, die Menschenaugen je gesehen.« Eine unzugängliche Gebirgskette schottet die Bucht von Baracoa vom unwirtlichen Hinterland um Guantanamo ab. Seit 1964 erschließt eine Straße die paradiesische Gegend, doch aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht sie nur langsam.



Holzhaus in Baracoa, Kuba
Traditionell werden die Häuser in Baracoa aus Holz gebaut.
In Baracoa ist alles anders: die Häuser, die Menschen, das Essen, ja, sogar das Klima. Es regnet häufiger als sonst in Kuba, auch während der winterlichen Trockenzeit. Auf den Berghängen breitet sich tropischer Regenwald aus, den man auf der Insel sonst vergeblich sucht. Zahlreiche Flüsse prägen die Landschaft. Der Rio Toa ist der wasserreichste Fluss Kubas. Da es Wald im Überfluss gibt, baut man die Häuser aus Holz. Bunt angestrichen bieten sie einen malerischen Anblick in der sattgrünen Landschaft. Im abgeschiedenen Baracoa konnte sich die Urbevölkerung lange halten - viele Einwohner tragen indianische Gesichtszüge. Der Speiseplan ist von der kreolischen Küche des nahegelegenen Haiti beeinflusst und raffinierter als selbst in den Metropolen Havanna und Santiago. Auf nach Baracoa!

Trinidad

Wahrzeichen Trinidads ist der Turm des
Franziskanerklosters. Die Nachbildung steht
als Ortsschild an der Straße von Cienfuegos.
Gewöhnlich liegen die Stationen der Viazul-Busse ausgesprochen ungünstig irgendwo am Stadtrand. Nicht so in Trinidad. Wir fahren mitten in das historische Zentrum. Schon lange bevor der Bus das Ziel erreicht hat, sehen wir uns von allen Seiten belagert. Schilder werden hochgehalten, Unterkünfte angepriesen, man versucht, durch die Fenster Kontakt mit den Fahrgästen aufzunehmen. Als wir langsam in den Busbahnhof rollen, wird es endlich ruhiger, hier darf niemand hinein. Doch als wir die Station mit unseren Reisetaschen verlassen wollen, versperrt ein dichter Pulk von Schleppern den Ausgang. Da erscheint Mireya, bei der wir ein Zimmer reserviert haben, und schließt uns in ihre mütterlichen Arme. Schon aus ihren Emails war herauszulesen, dass Mireya sehr resolut sein kann. Das wird von der Wirklichkeit noch weit übertroffen. Sie ist von äußerst kräftiger Statur. Mit lauter Stimme und einem unbändigen Temperament bahnt sie uns den Weg nach draußen. Ihr Haus liegt in der Calle Maceo, nur wenige Schritte vom Busbahnhof.

Valle de los Ingenios




Blick vom Cerro de la Vigía. Im Hintergrund
die Sierra Escambray, Rückzugsgebiet der
Konterrevolutionäre nach Castros Sieg.
Trinidad wird von der unbewaldeten Kuppe des 180 Meter hohen Cerro de la Vigía überragt. Auf dem kahlen Gipfel, den wir nach einer guten halben Stunde Fußmarsch erreichen, steht der Radiosendemast. Über eine wacklige Holzleiter klettern wir auf eine kleine Aussichtsplattform. Der Blick reicht über die ganze Stadt bis zum Meer mit der Playa Ancón, aber auch weit in das Valle de los Ingenios, das Tal der Zuckermühlen. Das fruchtbare Tal ist genau wie die Innenstadt von Trinidad Teil des Weltkulturerbes. Noch vor dem Aussichtspunkt fängt uns Diosvani ab, der beim Radiosender arbeitet, und erklärt uns das Panorama.

Camagüey

Typische Straße in der Altstadt von Camagüey.
Im Hintergrund die Iglesia de Nuestra Corazón de
Sagrado Jesús, 1920 im gotischen Stil erbaut.
Auf der Reise in den Osten bietet sich Camagüey als Zwischenstation an. Nur wenig weiter in Las Tunas beginnt der »oriente«, dessen Bewohner sogar unter Kubanern als besonders heißblütig verschrien sind. Camagüey selbst lässt sich weder dem Westen noch dem Osten so recht zuordnen. Die mit 325 000 Einwohnern drittgrößte Stadt der Insel hat ihren ganz eigenen Charakter. 1514 als Santa María del Puerto Príncipe an der Küste gegründet, verlegte man den Ort wegen häufiger Indianeraufstände und Piratenüberfälle schon bald ins Landesinnere. 1903, fünf Jahre nach Erlangung der Unabhängigkeit, wurde der Name in Camagüey geändert, wohl um das lästige Príncipe (Thronfolger) loszuwerden, das zu sehr an die verhasste spanische Krone erinnerte.

Havanna

Als die in Frankfurt gestartete Maschine nach elf Stunden Flug aufsetzt, herrscht Dunkelheit. Doch so viel kann man sehen: Der internationale Flughafen José Martí bei Havanna ist nicht gerade groß. Wir schlendern zu Fuß über das Rollfeld zur niedrigen Abfertigungshalle. Dort erwartet uns eine akribische Passkontrolle.
Skyline Havannas mit Kapitol und Bacardi-Gebäude
La Habana. Skyline mit Kapitol.
Nach der quälend langen Prozedur können wir endlich das Gepäck abholen und den Zoll passieren. Kaum draußen, bricht das Chaos über uns herein. Gepäckträger, Schlepper, legale und illegale Taxifahrer, Agenten – alle stürzen sich auf die müden Ankömmlinge.

Am Flughafen wartet Bismarck

Wohl dem, der den Transfer in die Stadt vorab gebucht hat – wie glücklicherweise auch wir. Uns geleitet ein rettender Engel in Gestalt eines älteren, glatzköpfigen Mannes hinaus aus dem Getümmel zu einem klapprigen Skoda. Als er hört, dass wir aus Deutschland kommen, lässt er uns freudestrahlend seinen Namen wissen: »Mi nombre Bismark!« Im revolutionären Kuba ist so mancher Lenin oder gar Stalin getauft worden, und zu unserem Fahrer würde rein äußerlich Chruschtschow ganz gut passen, aber Bismarck? Das klingt ja geradezu konterrevolutionär.

Wie dem auch sei, Bismarck bringt uns ohne weitere Umstände über leere nächtliche Straßen zu unserem Hotel Tejadillo, das inmitten der Altstadt Habana Vieja liegt. An der unzufriedenen Miene Bismarcks lese ich ab, dass mein Trinkgeld angesichts seines berühmten Namens nicht üppig genug ausgefallen ist, aber daran kann ich auch nichts ändern, denn wir haben noch kein Geld umgetauscht

Kuba: Unterwegs mit Viazul

Kuba, Santiago de Cuba, stark befahrene Ausfallstraße, zwei Camiones, Motorräder, Taxi-Kleinbus, deutlich erkennbar die Abgasschwaden.
Auf  stark befahrenen Straßen kann es ungemütlich
werden: Zubringer in Santiago de Cuba.
März 2015 in Camagüey : Wie fast überall in Kuba ist es ein Kreuz mit dem Busbahnhof. Die Stationen, die von der Viazul angefahren werden, liegen fast immer ziemlich weit außerhalb des Zentrums. Ohne zusätzliche Taxifahrt ist da nichts zu machen, es sei denn, man gehört zu den ganz harten Backpackern, die ihren Rucksack von 15 Kilo mal eben kilometerweit durch Abgasschwaden einem unbekannten Ziel entgegen schleppen.



Kuba, Camagüey, klappriger gelber Moskvich.
An der Viazulstation in Camagüey erwartete uns ein
klappriger Moskvich, der uns zum Casa Particular brachte.

Weisheiten eines Taxifahrers aus Camgüey

Der Taxifahrer, der uns am Busbahnhof in Camagüey abholt, ist mit der Familie im reservierten Casa Particular verwandt. Ein ganz verschmitzter Typ, der gut Englisch spricht und mit Ratschlägen nicht spart. Sein Moskvich hat schon bessere Zeiten gesehen. Die Innenverkleidung fehlt vollständig, was den Vorteil hat, dass die Mechanik von Türschloss und Fensterheber unmittelbar zugänglich ist und mit einiger Mühe sogar noch bedient werden kann. Die Frontscheibe ist mehrfach gesprungen, der Motor keucht asthmatisch. Immerhin kriegt der Fahrer den Kofferraum auf und wir können unser Gepäck verstauen, was durchaus nicht selbstverständlich ist. Als Erstes instruiert er uns: »Wenn meine Schwägerin [er meint die Gastgeberin im Casa Particular] Euch einen Kaffee anbietet, sagt gleich ja. Dann muss sie mir nämlich auch einen geben.«